Mit dem Kettcar durch die Nachbarschaft

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Rot ist Matthias Spechts Lieblingsfarbe. Knallrot und mit Blaulicht ausgestattet – wie ein Feuerwehrwagen – ist auch das Kettcar, mit dem er in seiner Nachbarschaft unterwegs ist. „Das ist mein Auto“, sagt der 31-Jährige stolz. Gemeinsam mit seinen Eltern habe er das Gefährt gekauft, das nun einen festen Parkplatz am Wittekindshofer Wohnhaus Vöhde in Hamm-Rhynern hat. Hier lebt Matthias Specht. Und hier ist er unterwegs.

Regelmäßiges Verkehrstraining

Begleitet wird er dabei häufig von Katrin Haberhauffe. Die Wittekindshofer Mitarbeitende achtet genau auf den Straßenverkehr. Denn ihre Route durch die Nachbarschaft führt die beiden an einer viel befahrenen Straße vorbei, die direkt zur Autobahn führt. Umso wichtiger ist es, konzentriert und aufmerksam zu bleiben. „So, Matthias, hier müssen wir anhalten“, sagt sie und stoppt vor einer Kreuzung. Matthias Specht zieht die Bremse seines Kettcars und kommt sofort zum Stehen. Sein Kopf dreht sich nach links und rechts. „Kein Auto“, sagt er. Katrin Haberhauffe nickt und Matthias Specht tritt erneut in die Pedale.

Mobile Einschränkungen könne der 31-Jährige durch das Kettcar wett machen. „Dadurch erfährt Matthias sehr viel Selbstwirksamkeit. Er steuert das Fahrzeug aus eigener Kraft und hat einen viel größeren Bewegungsradius“, sagt die angehende Sozialpädagogin. So oft wie möglich dreht Matthias Specht seine Runden in der Nachbarschaft. „Das regelmäßige Training ist nicht nur wichtig für Muskeln und Koordination. Wir üben dadurch auch das Verhalten im Straßenverkehr und die Orientierung im Sozialraum“, sagt Katrin Haberhauffe.

Grundsätzlich stehen dabei die Fähigkeiten und Bedarfe der jeweiligen Person im Mittelpunkt. „Das Verkehrstraining ist sehr individuell. Es gibt Klienten und Klientinnen, die selbstständig mit dem Bus in die Stadt fahren, andere benötigen mehr Begleitung und Unterstützung bei der Orientierung und der Einhaltung der Verkehrsregeln.“

Die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnhauses übernehmen aber auch Verantwortung füreinander. „Oftmals brechen wir zu gemeinsamen Spazierfahrten auf, dann geht beispielsweise es zu einer nahegelegenen Pferdekoppel. Wir begleiten als Mitarbeitende, aber diejenigen, die sich gut konzentrieren können und sicher im Straßenverkehr sind, führen dann die Kolonne an.“

Einschätzen von Maßen

An einer Verkehrsinsel überqueren beide nun die Straße. Aber erst wird gestoppt, der Blick geht erneut nach links und rechts. „Die Straße ist frei“, ruft Matthias Specht. Auf das Signal der Mitarbeiterin hin setzt er sich in Bewegung und steuert eine Spielstraße an. Vorsichtig manövriert er das Gefährt an zwei Sperrpfosten vorbei, dann geht es im Slalom an den Parkbuchten entlang. „Achte immer darauf, dass du nicht zu nah an den stehenden Autos vorbeifährst“, erinnert ihn Katrin Haberhauffe. Das Einschätzen von Maßen und Abständen sei wichtig für die kognitive Wahrnehmung. Langsam nähert sich ein Auto von vorne. Matthias Specht weicht zur Seite aus, zieht die Bremse, und lässt den Gegenverkehr passieren. Dann geht die Fahrt weiter.